Zusammenfassung der wichtigsten Punkte:
- Projektrisiken (definiert als die Wahrscheinlichkeit, dass ein Projekt seine Ziele nicht erreicht) sind ein wesentlicher Aspekt des Projektportfoliomanagements.
- Da sich Risiken von Natur aus nicht vollständig kontrollieren lassen, erfordern alle Strategien zu ihrer Begrenzung einen wasserdichten Überwachungsprozess.
- Wir empfehlen die folgenden fünf Schritte zur Risikoüberwachung und für das Risikomanagement: aktuelle Risiken identifizieren und bewerten, Notfallpläne erarbeiten, Häufigkeit und Entwicklung der Risiken verfolgen, neue, unerwartete Risiken identifizieren, Effektivität und Erfolg des Prozesses zur Risikoüberwachung und der Risikomanagementstrategie regelmäßig neu bewerten.
Das Project Management Institute versteht unter einem Projektrisiko “ein ungewisses Ereignis oder eine ungewisse Bedingung, die sich, falls sie eintreten, positiv oder negativ auf die Ziele eines Projekts auswirken.” Die meisten Experten für Projektmanagement formulieren das einfacher. Für sie ist das Projektrisiko die Wahrscheinlichkeit, dass ein Projekt seine Ziele nicht erreicht.
Im Projektmanagement lassen sich Risiken nicht vollständig vermeiden. Hinzu kommt, dass Unternehmen, in denen Risiken nicht oder schlecht gemanagt werden, erhebliche Schäden erleiden können. Deshalb sind die Überwachung von Risiken und deren Management – also der Prozess der Risikoidentifikation und die Entwicklung von Möglichkeiten, ihnen zu begegnen – so wichtig. Im Folgenden finden Sie die wichtigsten Informationen über Risikoüberwachung und -management, die Projektmanager und andere Projektmanagementexperten benötigen.
Die Philosophie hinter dem Management von Projektrisiken
In der 6. Ausgabe seines PMBOK® Guide führt das Projekt Management Institute eine bedeutende Neuerung ein. In Ausgabe 5 sprachen die Autoren noch von der “Kontrolle von Risiken”. In der neuesten Ausgabe ersetzen Sie dies durch die “Überwachung von Risiken”. Oder, noch spezifischer formuliert: “Unter Überwachung von Risiken versteht man einen Prozess zur Überwachung der Implementierung vereinbarter Pläne zum Umgang mit Risiken, die Verfolgung identifizierter Risiken, die Identifikation und Analyse neuer Risiken und die Bewertung der Effizienz dieses Prozesses während der gesamten Laufzeit eines Projektes.”
Die Grundüberlegung hinter dieser Änderung ist leicht nachvollziehbar: Risiken entziehen sich naturgemäß Ihrer Kontrolle. Sie sind Teil des Ungewissen – andernfalls wären es keine Risiken. Es ist daher sinnlos, zu hoffen, Sie könnten Ihre Projekte, Ihr Portfolio oder Ihr Unternehmen vor allen Risiken bewahren. Aber Sie können und sollten sie identifizieren, bewerten, überwachen und begrenzen.
Mit einer Überwachung der Projektrisiken schaffen Sie auch eine Voraussetzung für die Bewältigung von Veränderungen (erwartet oder unerwartet) im Projekt. Der Definition von Risikomanagement des Project Management Institute folgend schlagen wir dazu einen Prozess in fünf Schritten vor:
Identifizieren und analysieren Sie Risiken in Ihren Projekten
Erarbeiten Sie angemessene Notfallpläne für jedes Risiko
Verfolgen Sie die Entwicklung aller Risiken
Identifizieren Sie neue Risiken, sobald sie entstehen
Setzen Sie die Notfallpläne um und bewerten Sie ihre Effektivität
Projektrisiken überwachen – Schritt 1: Risiken identifizieren
Der allererste Schritt muss sein, Gefahren zu erkennen, die Ihren Projekten und Portfolios drohen. Versuchen Sie zu ermitteln, was die Kostenstruktur, den Zeitplan oder den Umfang ihres Projektes gefährden könnte. Dann analysieren Sie die Art der Bedrohung, mit welcher Wahrscheinlichkeit sie eintritt und welche Auswirkungen sie haben kann. Damit können Sie dann Risiken qualifizieren, quantifizieren, kategorisieren und priorisieren und letztlich ein verlässlichen Überblick über Ihre Projektrisiken gewinnen.
Verantwortliche für das Risikomanagement unterteilen Risiken meist in vier wesentliche Kategorien:
technische Risiken (z. B. Risiken, die die Technologie oder die Produktion betreffen),
externe Risiken (verursacht durch den Markt, Kunden oder vielleicht sogar das Wetter!),
organisatorische Risiken (in Verbindung mit Ressourcen, der Finanzierung, wechselseitigen Abhängigkeiten zwischen Projekten),
Risiken im Projektmanagement (Unternehmenskultur, Planung, Zusammenarbeit …)
Projektrisiken überwachen – Schritt 2: Spezifische Notfallpläne erarbeiten und überwachen
Für jedes einzelne Risiko sollten Sie eine adäquate Reaktion planen. Einige Risiken erfordern sofortige, entschiedene Reaktionen. Wenn beispielsweise ein entscheidender Zulieferer eine wichtige Frist nicht einhalten kann, muss sofort ein Plan B, also eine Bestellung bei einem anderen Anbieter in die Wege geleitet werden. Dagegen könnte Ihr Notfallplan für den Fall, dass Ihr Zulieferer den vereinbarten Preis erhöht, komplexere Abwägungen vorsehen, für die Sie sich jedoch etwas mehr Zeit nehmen können.
In jedem Fall empfiehlt es sich, für jedes Risiko eine Person ( den “Risk-Owner”) zu benennen, die die Verantwortung für das Risikomanagement übernimmt. Sie ist auch für die Umsetzung des Notfallplans zuständig sowie für die Zusammenarbeit mit Projektmanagern bei der Bewertung der Effektivität der Gegenmaßnahmen und bei notwendigen Anpassungen.
Projektrisiken überwachen – Schritt 3: Erkannte Risiken verfolgen
Risk-Owner, Projektmanager und Portfoliomanager sollten zusammenarbeiten und alle bekannten Risiken ihrer Projekte im Zeitverlauf verfolgen. So stellen sie sicher, dass die vereinbarten Notfallpläne rechtzeitig aktiviert werden, wenn die dafür definierten Bedingungen eintreten. Hier können ein dediziertes Risk-Management-Tool oder ein robustes Projektportfoliomanagement-Tool mit leistungsfähigen Funktionen für das Risikomanagement entscheidend unterstützen und sicherstellen, dass eintretende Risiken nicht unbemerkt bleiben.
Das Verfolgen von Risiken umfasst auch die regelmäßige Überprüfung und Neubewertung von Risiken und der dafür vorgesehenen Notfallpläne. Im Projektverlauf, wenn sich die Marktsituation oder die geschäftlichen Rahmenbedingungen ändern, können einige erkannte Risiken irrelevant werden. Andere können sich als mehr oder weniger bedrohlich erweisen als ursprünglich angenommen. Auch die Wahrscheinlichkeit, dass sie eintreten, und ihre möglichen Konsequenzen können sich ändern. Und ebenso können sich neue – interne oder externe – Entwicklungen auf die Wirksamkeit der Notfallpläne auswirken.
Projektrisiken überwachen – Schritt 4: Neue Risiken, die auftreten können
Die Welt verändert sich. Auch Projekte verändern sich. Dementsprechend können auch neue Projektrisiken entstehen. Grundlegende Änderungen im Projekt oder im Umfeld, ernsthafte Notfälle, die eintreten können, Veränderungen in der Führung oder im Wettbewerbsumfeld oder der Durchbruch einer Schlüsseltechnologie sind nur einige der Ereignisse, die neue Risiken oder Gefahren für Ihre Projekte mit sich bringen können. Sie müssen solche kritischen Situationen so früh wie möglich erkennen und sie angemessen analysieren und bewerten, damit Sie alle existierenden Risiken jederzeit richtig priorisieren können.
Projektrisiken überwachen – Schritt 5: Die Effektivität des Risikomanagementprozesses bewerten
In der Realität erreichen Projekte nicht immer ihre geplante Performance. Einige Risiken wurden vielleicht übersehen oder falsch eingeschätzt (manchmal mit gutem Grund: Es ist nicht praktikabel, jeden Sonderfall zu planen, obwohl Sonderfälle hin und wieder eintreten!). Oder Ihr Notfallplan erweist sich als unrealistisch. In jedem Fall müssen Sie die Resultate Ihrer Überwachungs- und Reaktionsstrategie ehrlich bewerten, um kontinuierliche Verbesserungen zu ermöglichen.
Weiterführende Informationen über die Überwachung und das Management von Projektrisiken finden Sie hier:
- Was ist Projektrisiko-Management und wie wird es verwaltet?
- 3 assumptions that make projects fail (and what you can do about it)
- Was uns die COVID-19-Krise über Projektmanagement lehren kann
Benoît Boitard
Benoît ist seit 2020 stolzes Mitglied des Marketingteams von Sciforma. Durch zahlreiche Berufserfahrungen als Berater für digitale Strategien, sowohl in aufstrebenden Start-up-Unternehmen als auch in großen Unternehmen, besitzt er ein umfassendes Verständnis des Projektmanagements in sowohl traditionellen als auch agilen Arbeitsumgebungen.